Na, hast du Nerven wie Drahtseile? Oder liegen deine Nerven gerade blank? In der deutschen Sprache finden sich viele körperbezogene Redewendungen, die etwas über den Zusammenhang von deinem Körper und deinem Erleben ausdrücken.
Dein Nervensystem ist ein ausgeklügeltes, komplexes System, mit dem dein Körper mit der Umwelt kommuniziert. Besonders interessant ist hier das autonome Nervensystem. Das ist der Teil, der – wie der Name schon sagt – völlig autonom dein Erleben und im Notfall auch dein Überleben steuert.
Wenn du dich zufrieden und wohl fühlst, hast du vermutlich „ruhige“ Nerven. Du siehst deine Welt mit einem klaren Blick, schaffst deine Aufgaben und findest Lösungen für auftretende Probleme. Zwischendurch machst du Pause, trinkst dein Lieblingsgetränk, sprichst mit einem guten Freund oder hältst ein kleines Nickerchen. Dann krempelst du die Ärmel hoch und motivierst dich für die nächste Aufgabe. Vielleicht ist es auch eine Herausforderung, der du dich stellst, und die jede Faser deiner Aufmerksamkeit verlangt. In der ganzen Zeit fühlst du dich sicher. Du hast Verbindung zu anderen Menschen und bist fokussiert oder entspannt.
Den ganzen Tag über bist du hin- und hergependelt zwischen entspannteren und angespannteren Situationen. Du konntest dich selbst motivieren und auch selbst wieder beruhigen. Wenn du dich häufig in diesem Bereich befindest, kannst du dir gratulieren: Du hast gelernt, dein Nervensystem zu beruhigen und innerhalb dieses gesunden Bereiches schwingungsfähig zu sein.
Was aber, wenn die Herausforderungen zu viele werden? Das Bankkonto ständig leer ist, die to-do-Listen über den Kopf wachsen, Konflikte sich nicht lösen lassen und dann noch die ein oder andere Hiobsbotschaft über dich hereinbricht? Deine Nerven liegen blank.
Du verlierst das Gefühl der Sicherheit und der Zufriedenheit und wechselst immer häufiger in einen Bereich, in dem es darum geht, die täglichen Gefahren zu bannen. Dein Nervensystem schaltet in einen anderen Modus und ermöglicht dir so, mehr Energie zu mobilisieren. Eine Zeitlang ist dieser Zustand kein Problem, aber wenn sich die Situation grundsätzlich nicht ändert oder es dir nicht gelingt, zwischendurch in den Wohlfühlmodus zurückzuschalten, dann bleibt dein Körper in einer hohen Grundspannung und findet nicht mehr so leicht zurück in den gesunden Bereich der Schwingungsfähigkeit. Verspannungen, Zähneknirschen, psychosomatische Symptome oder auch ein Burnout können die Folge sein.
Doch dein autonomes Nervensystem kann noch mehr. Bei Lebensgefahr sorgt es dafür, dass du überlebst – ohne nachzudenken. Es bringt dich mit einem extrem hohen Muskeltonus zum Erstarren, wie das Kaninchen vor der Schlange. Oder es wechselt in den Totstellreflex, dem Shutdown mit extrem niedrigen Muskeltonus, bei dem du nicht mehr real mitbekommst, was gerade passiert, um dich vor dem Schrecken zu schützen. Löst sich die lebensgefährliche Situation auf, und gelingt es dir, dich wieder zu beruhigen – z.B. mithilfe eines Freundes – dann kann dein Gehirn im Nachhinein die Situation verarbeiten und dein Körper den Schrecken loslassen. Gelingt es deinem Nervensystem aber auch nach einigen Wochen nicht, in den gesunden Bereich zurückzufinden, dann bleibt der Schrecken im Körper stecken und eine posttraumatische Belastungsstörung kann eine Folge deines Erlebens sein.
Wie gut kannst du zurzeit dein Nervensystem beruhigen? Befindest du dich oft im gesunden Bereich, aber einzelne Situationen oder Menschen strapazieren deine Nerven? Du fragst dich, wie du ruhiger bleiben kannst oder dich schneller wieder beruhigst?
Oder merkst du, dass dein Leben gerade auf der Überholspur verläuft und du eher funktionierst als lebst?
Oder aber stellst du fest, dass dich sekundenschnell alter Schrecken überfällt und du nur sehr schwer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückfindest?
Pferde sind Spannungsleser. Pferde sind – wie alle Säugetiere – mit einem baugleichen Gehirn wie wir ausgestattet. Auch ihr autonomes Nervensystem steuert sie. Da sie Flucht- und Beutetiere sind, können sie deutlich schneller als wir aus dem Bereich der Sicherheit in den Bereich der Gefahr wechseln und wieder zurück. In einem Moment grasen sie, dann hebt ein Pferd in der Herde den Kopf und alle stürmen los. Kleinste Spannungen innerhalb einer Herde werden sofort registriert und fordern eine Reaktion heraus. Kurze Zeit später ist die Gefahr – vielleicht ein Eichhörnchen am Baum – verschwunden. Alle beruhigen sich und senken die Köpfe wieder, um weiter zu fressen.
Wenn du mit einem Pferd arbeitest, wird es auch deine Spannung lesen, denn es möchte bei dir Sicherheit und Schutz erfahren. Deshalb wird es dir sehr unmittelbar und jederzeit ein Feedback geben, wo sich dein autonomes Nervensystem gerade befindet. So unterstützt es dich darin, dich und deine eigene Körperspannung schneller und besser wahrzunehmen und schwingungsfähiger zu werden.